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INSZENIERUNG Wolfboys

Inszenierung/ Horrorshow 2010
videopresse

Die Herangehensweise ist kühl, man philosophiert und kommentiert, und es darf gelacht werden. Schrille Passagen wechseln sich mit leisen, minimalistischen Szenen ab, in denen eine fast meditative Annäherung an den Horror gelingt.Zum Standbild gefriert das Geschehen, wenn im blutbespritzen Kubus, der die Bühne nach hinten abschließt, Novalis, Gottfried Benn, Lautréamont und Heine rezitiert werden. Hier kommt das Grauen, das die Performance unterschwellig durchzieht, an die Oberfläche: Morgue-Gedichte auf diese Weise zu hören liegt hart an der Schmerzgrenze. Ähnlich wirkt das Eigenblutdoping, die sicherlich schockierendste und beeindruckendste Aktion eines außergewöhnlichen Abends. Der Standart Wien Die Wolf Boys stellen die entscheidende Frage danach,wie das verschwiegene und verdrängte Andere mit in den Diskurs aufgenommen werden kann. Aufs lapidarste kaltblütig berichten sie, wie sie ihrem Job nachgehen und töten,unpolitisch, aber mit Mission.Jene unsichtbare Gewalt, die bei Norton Commander Productions immer am Werke ist, bekommt in den Wolf Boys eine Verkörperung.Dies rührt an die Grundlagen von Theater: Es gibt kein Als-Ob mehr, der Schauspieler tut nicht so,als wäre er jemand anders,er ist das Andere, das wieder ins Innere verlagert wird.Diese Haltung wird forciert durch den unbedingten Körpereinsatz:Es geht nicht um den Körper, den wir haben, sondern um den Leib, der wir sind, und dieses absolut Lebendige ist der zweite Boden unserer aufgeklärten Gesellschaft. Leipziger Volkszeitung Es ist ein fragmentarischer Abend mit Showelementen, die das Band der Grausamkeit zusammen hält. Neben gespielten Szenen und einem trashigen dreiteiligen Amateur-Horrorfilm auf einer Videoleinwand sind es immer wieder Songs, die die Atmosphäre aufladen. Diese tragen Titel wie „Blut“ oder „Schlachtplatte“. Weder Text noch Melodie sind angenehm zu ertragen. Man hört ein Horrormedley vom feinsten. Psychedelisch hallen die verzerrten Stimmen dabei durch den Raum – mal klingen sie wie die eines mysteriösen Telefonanrufers, mal Helium-geschwängert. Dazu düsterer live Instrumente-Sound und der Wahnsinn ist perfekt. Das Regie-Duo puzzelt seine Produktionen gern aus Populärkultur-Schnipseln zusammen, aus Märchen und Film, Pop und Trash. Dabei schreckt es nicht vor grellen Effekten und auch nicht vor grobem Humor zurück. Und wenn es der neuen Aufführung den Untertitel gibt "Vampir + Werwolf + Horror + Show", dann ist die Gedankenverbindung zur "Rocky Horror Picture Show" durchaus passend. Auch, weil an diesem Abend richtig viel (laute) Musik gemacht wird, Nikolaus Woernle macht Punk-Krach für drei. Doch ist "The Wolf Boys" um einiges schwärzer als das Kult-Musical. Zu Anfang kann man noch meinen, dass es vor allem um Finanzhaie und ihre fatale Gier geht: Wagner und Wulfers fauchen und grollen in Rammstein-Manier eine Art Selbstbezichtigung ins Mikro. Doch dann schleicht sich als ein Thema der Krieg der Kulturen (muselmanischer Vampir!) hinein. Und als ein anderes die Lebensraum-Besessenheit nicht nur des Faschismus (die anderen überschwemmen uns mit Kindern). Dann geht es irgendwie um Kindesmissbrauch. Viel klingt an, nichts davon wird ausgearbeitet. Aber das ist von einem norton.commander-Abend auch nicht zu erwarten: Zu dem muss man sich schon selbst seine Gedanken machen. Frankfurter Rundschau


Ja, tatsächlich ist das ein Show-Programm,beinahe ein Varieté. Vor einer blutrot beschmierten Bühne, die wohl nicht zufällig an Hermann Nitsch erinnert, agieren mit Otmar Wagner und Ole Wulfers zwei Wolfs-Naturen,die im Verbund mit Nikolaus Woernle und Steffen Huhn auf norton.commander-Erfahrungen setzen können. Was in diesem Fall meint, im Quartett zum Gesamtkunstwerk zu verschmelzen. In Liedfolgen mit skurrilen Titeln und abstrusen Ansagen wird das Prinzip Horror zu laustarkem Bassdröhnen und Schlagstockwirbeln besungen. Zwischendurch gibt es Aktionen, die mal die Höhen der Philosophie und mal den klamaukigen Absturz bemühen, um das exzentrische und „von Natur aus künstliche“ Wesen des Homo sapiens zu umreißen. Damit ist eine irdische Krankheit benannt, die bekanntlich vorübergeht, aber bis dahin noch viel Theater macht. Multimedial wie stets bei Meinings wird real gespielt, scheinbar auch improvisiert und neben viel Musik auch Videokunst präsentiert. Das Sterben zweier Fledermäuse als Ready-Made. Als Dreiteiler ist dem kurzweiligen Abend ein Film eingeblendet, der Prosper Mérimées Vampirdramolett Kara Ali“ auf Bildtafeln alter Stummfilme setzt und mit Martin Bochmanns Aufnahmen in eine heutige Blutsauger-Story verschneidet. Der alte Franzose hat also nicht nur bei seiner berühmten Carmen“ in Abgründe geblickt. „The Wolf Boys“ fußt darüber hinaus auf Zitatenschätzen von Heine bis Novalis, von Descartes bis Benn – und ist von den beiden Meinings auf ein spannendes Grusel-Spektakel eingedampft worden, das kaum ein Thema zwischen Leben und Tod aussparen will. Auch vor offenen Fragen gibt es keine Scheu: Wenn die menschliche Existenz allein im Koitus erfahrbar sei, warum gibt es dann Gewalt? Nach drastischer Knochenarbeit kommt die lapidare Antwort: „Für alle reicht‘s halt nicht.“ Der Wolf tritt in Rudeln auf. Menschen sind vergleichsweise einsame Wesen. Kämen sie sonst auf so viele und derart verquere Ideen? Die gewaltige Klangmacht mag mal an den Sog von Rammstein, die Assoziation vom Kettensägen-Massaker sowieso an Schlingensief, das authentische (!) Eigenblut- Doping an Volksbühnen-Saft mahnen (und allzu zartes Gemüt irritieren). Doch das Gesamtergebnis ist wieder ein Unikat, das auch im Verbund mit dem Kooperationspartner Mousonturm Frankfurt/Main Bestand haben wird.


 


Dresdner Neueste Nachrichten

Auf einer blutbespritzten Bühne,die an Hermann Nitsch erinnert, agieren 4 Darsteller. Sie lassen die Kettensäge heulen oder elektrische Fledermäuse kreisen,trinken ihr Blut und rezitieren wahlweise Novalis, Lautréamont oder Gottfried Benn. Sie sind pädophiele Triebtäter,Parasiten, Todesengel und Killermaschinen gegen die Überbevölkerung.Ihre schwarz,brachialen Songs tragen Titel wie
"Schlachteplatte", "Bluthochdruck" oder "Ich weiss das du stirbst".
Zum Stück erschien eine CD mit 8 Songs.